Daß "Dehnschrauben" vorhanden sind, wird recht häufig vermutet, auch in Reparaturanleitungen. Deshalb hier eine Skizze dazu:
schr-k100.jpg
Links Schaftschraube, Mitte Schraube "mit Gewinde bis Kopf", rechts Dehnschraube.
Grundsätzlich "besser" ist keine - es kommt auf den Einsatzzweck an. Die Schaftschraube wird dort verwendet, wo Kräfte quer zur Schraube wirken, die sie auf Scherung und/oder Biegung beanspruchen. Gewinde bis Kopf nimmt man bei axialer (besonders dynamischer) Belastung, die Dehnschraube bei besonders hoher dynamischer axialer Belastung.
Grundsätzlich steht ja jede Schraube durch das Anziehen stark unter Zugspannung, der "Vorspannuing". Die zusätzliche Belastung ("Betriebslast") kann in Achsrichtung (z.B. Zylinderkopf) erfolgen, oder eben quer dazu (z.B. Querlenker, Längslenker).
Zwar soll eine Querbelastung durch Reibung zwischen den verschraubten Teilen aufgenommen werden, jedoch ist das nicht immer gewährleistet, besonders wenn die Verschraubung sich "setzt" und damit an Vorspannung verliert. Deswegen werden querbelastete Schrauben immer auch auf Scherung bzw. Biegung nachgerechnet.
Die "Vorspannung" wird gespeichert in der Dehnung der Schraube (ähnlich wie bei einer Zugfeder). Die Schaftschraube dehnt sich weniger als die "Gewinde bis Kopf"-Schraube. Die Dehnschraube ist erkennbar an der deutlichen Verjüngung im gewindefreien Bereich. Der Sinn ist, daß sie sich möglichst wenig im Gewindebereich selbst dehnt, weil das zur Lockerung bzw. Zerstörung des Gewindes führen kann. Häufig werden Dehnschrauben bei Pleueln verwendet, im verjüngten Bereich gibt es meist noch "verdickte" Stellen, die dem Nenndurchmesser entsprechen, zur Fixierung der Bauteile.
Der "Drehwinkel-Anzug" hat mit der Verwendung von Dehnschrauben nichts zu tun. Zur Sicherung der Vorspannung müssen Schrauben bis nahe der Streckgrenze (ab wo sie sich bleibend verformen würden) angezogen werden. Nur ist es schwer zu bestimmen, ab wann diese Vorspannung erreicht ist.
Eine M12-Schraube, die mit 85 Nm angezogen wurde, steht theoretisch unter einer Zugkraft von 305 kN, also 31 Tonnen! Theoretisch - denn unglaubliche 88% des Anzugsdrehmoments gehen durch Reibung verloren! Beim genannten Anzug werden als Zugkraft in der Schraube also nur 3,7 Tonnen erreicht. Diese Werte entstehen bei "leicht geölter Auflagefläche und Gewinde" mit µ=0,14.
Weil beim Drehmomentanzug also ein dermaßen hoher Anteil durch Reibung verschwindet, ist man vielfach auf den Winkelanzug umgestiegen. Zwar gibts da auch ein "Grund-Moment", auf dem der Winkelanzug aufbaut, aber das ist verhältnismäßig gering und insoweit noch recht exakt, weil mit weiter ansteigendem Moment die Reibung extrem in die Höhe schnellt. Der Winkelanzug ist somit viel unabhängiger von den Reibungsverhältnissen.
Andreas
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