Abenteuer Wassereinbruch am Audi A6 C4 Avant
Das Thema "Wassereinbruch" scheint offensichtlich kein seltenes zu sein - immerhin findet man bereits 172 Einträge unter diesem Suchbegriff allein in unserem Forum. Sei's drum, ich berichte heute von einem - wie ich finde - besonders hartnäckigen Fall, der schon an eine Abenteuerreise erinnert.
Ausgangssituation:
November / Dezember, fallende Temperaturen, mieses Wetter, Dauerregen, ohnehin schlechtere Sicht und dazu noch alle Scheiben ringsum beschlagen. Beschlagen ist stark untertrieben, faktisch handelte es sich um unzählige feine Wassertropfen von innen an allen Scheiben.
Selbst die Lüftungs-Stellung Defroster und Klima half da nicht mehr, die Scheiben wurden auch nach Trockenwischen nicht mehr klar und mussten immer wieder manuell gewischt werden.
Auffallend war, dass die Nässe hauptsächlich hinten auftrat, sich letztendlich aber auf allen Scheiben niederschlug. So was hatte ich in den mehr als 20 Jahren C4 Erfahrung nicht kennengelernt.
Lösung:
Also, auf zur Lecksuche und so wurden die üblichen Verdächtigen erstmal überprüft.
• Abläufe im Wasserkasten vorne - Fehlanzeige, dort war alles i.O.
• Innenraumfilter gewechselt um eine mögliche Blockade der Umluft/Frischluftklappe durch Blätter auszuschließen. Innenraumfilter ok, trotzdem neuen eingebaut.
• Schiebedach und Abläufe vorne in der A-Säule, hinten unter dem Stoßfänger überprüft, alles "ohne Befund".
Die gute Laune, bei den Temperaturen mit Wasser zu hantieren, kann man sich ja vorstellen ;-(
• Wärmetauscher dicht, die Folien in den Türen dicht, Heckklappen Gummidichtung dicht.
Allmählich gingen mir die Ideen aus.
Es war aber auch kein Wasser oder eine nasse Stelle im Fußraum / Teppichboden zu finden. Selbst in den Seitenfächern hinten war alles so weit trocken. Für letztere habe ich rechts die Bose-Box ausgebaut um auch wirklich bis zum Boden tief reingucken zu können. Bei Fahrzeugen mit Standheizung muss links die Batterie dazu raus.
Ratlosigkeit:
Verzweiflung machte sich breit und es blieb nichts anderes übrig, als den ultimativen Wasserschlauchtest durchzuführen. Ich habe mich in den Kofferraum gesetzt während von außen mit einem dicken fetten Wasserstrahl die Karosse "beregnet" wurde.
Vermeintliche Lösung:
Und endlich, da war sie, die Wasser-Einbruchstelle. Im Kofferraum an der Naht zwischen Heckblech und Bodengruppe floss ein minimales Rinnsal in die Reserveradmulde.
Meine Güte dachte ich, endlich gefunden. Also, auf ans abdichten. Bei den niedrigen Außentemperaturen heißt das erstmal alles trocken legen und bis zum nächsten
Tag lüften, schön in einer geheizten Garage (wenn man eine hat - sonst hilft auch ein Warmluftföhn).
An einer Stelle der Verbindung Heckblech zur Bodengruppe, war keine Karosseriedichtmasse aufgetragen worden. Seltsam, der Wagen hatte weder einen schlecht reparierten Heckschaden, noch in letzter Zeit einen Aufprall erfahren. Warum in der Welt war alles bisher dicht und jetzt nicht mehr, wenn die Dichtmasse gewissermaßen ab Werk schon fehlte.
Na ja, dann wird halt nachgearbeitet und die Verbindung gut mit Sikaflex abgedichtet.
Die Stelle wurde akribisch mit Reiniger gesäubert und über Nacht ablüften lassen, nicht zuletzt um Restfeuchte auszuschließen. Dann Sikaflex auf die vermeintliche Stelle aufgetragen.
Mit einem guten Gefühl, endlich den Grund für die beschlagenen Scheiben gefunden zu haben, war dann erstmal Feierabend. Der nächtliche - teils heftige - Dauerregen verursachte jetzt keine fraglichen Gedanken mehr, jetzt war ja alles dicht... dachte ich.
Am nächsten Morgen dann die Katastrophe - wieder Wasser im C4 und diesmal bedenklich viel.
Eine große Pfütze in der Reserveradmulde versaute meine gute Laune schlagartig. Also wurde wieder trockengelegt, etc.... Das ganze Spiel erneut durchführen.
Nochmal mit der Gießkanne Wasser in die Ablaufrinne rechts neben der Heckklappe geschüttet und siehe da, erneut kam Wasser durch die neue Sikaflexnaht rein. Kaum vorstellbar, dass die Naht nicht dicht war, schließlich war ja alles vor dem Auftragen gereinigt und getrocknet worden.
Finale Lösung:
Dann führte wohl kein Weg an einer Grundsanierung vorbei.
Zuvor habe ich dann aber nochmal mit Flutlicht die mögliche Stelle des Wassereintritts diesmal von außen genauestens unter die Lupe genommen.
Kleine Risse im Blech zwischen Stoßstange hinten und Seitenwand unter dem Rücklicht waren erkennbar - aber nur bei genauestem Hinsehen und extrem Ausleuchten der Stelle
Mein erster Gedanke ging in Richtung Materialermüdung? Aber wovon? Warum diese Stelle?
Also musste erstmal die Stoßstange ab - kein leichtes Unterfangen wenn eine AHK verbaut ist weil die Schrauben vom Kabelsatz meist gegammelt sind. Dazu vier Schrauben pro Seite lösen und hoffen, dass nichts festgegammelt ist und / oder abreißt. (Drei Schrauben senkrecht durch einen Abstandhalter in den Querträger und eine Schraube horizontal durch einen massiven Winkel in der Stoßstange.)
Wider Erwarten klappte das alles prima. Bevor man die Stoßstange incl. AHK nach hinten herausziehen kann, muss jeweils die seitliche Führung / Befestigung ausgeklippt werden. Dazu Druck von oben auf die Stoßstange ausüben und unten mit einem beherzten Ruck die Stoßstange seitlich aushängen. Dann alles (Stoßstange und AHK) nach hinten rausziehen.
Ein Blick in die Längsträger war erfreulich - offensichtlich hatte sich die Dinitrol-Behandlung vor knapp 10 Jahren doch bezahlt gemacht. Jedenfalls war kein oder nur kaum Rost sichtbar.
Dann habe ich mit einem Schraubenzieher über die rissige Stelle gekratzt. Ich traute meinen Augen nicht, als sich ein Stück Klebeband von der Karosse löste und abfiel. Darunter grinste mich ein werksseitiges Sechskantloch hämisch an.
Dieses Loch liegt genau im Wasserfluss der Dachwasser-Ablaufrinne und war lediglich mit einem Stück Klebeband überklebt und mit werksseitigem Unterbodenschutz versiegelt worden.
Position des Blindnietlochs
Übrigens: Das Sechskantloch ist von der Kofferrauminnenseite nicht zu sehen. Das Loch liegt genau im Querträger, der auch die Schlossbleche für die Heckklappe hält.
Warten bis zum nächsten Tag und welche Freude, trotz Dauerregen in der Nacht, war der Kofferraum endlich wieder dicht.
Hier mal ein Bild der Ablaufrinne und vom Wasserfluss. (Rot gestrichelte Linie) Am Ende der Rinne fließt das Wasser zwischen Stoßstange und Karosserie genau über das schlecht versiegelte Blindnietloch ;-(
Ein Wunder, dass dies so lange gehalten hatte. Immer noch ungläubig, warum werksseitig ein Sechskantloch an dieser Stelle platziert worden ist, ging es ans abdichten.
Gummistopfen rein, Sikaflex auf die zuvor gereinigte Fläche aufgetragen und großflächig und dick verstrichen. Das geht besonders gut, wenn das Sikaflex auf Zimmertemperatur angewärmt wurde.
Blick von unten in die Ablaufrinne bei abgenommener Stoßstange (sonst nicht zu sehen)
Wenn das kein Abenteuer ist - dann weiß ich es auch nicht.
Letztendlich Happy End - und das ist gut so.
Wieder die Erkenntnis, man lernt nie aus.
Noch einen Tipp:
Bevor die Stoßstange wieder montiert wird, die Gummitüllen der Schiebedachabläufe im Seitenteil überprüfen und auch einen Blick in die Zwangsentlüftung rechts und links werfen.
Es gibt Fälle, bei denen die Gummidichtlippen durch einen unabsichtlich harten Strahl vom Hochdruckreiniger verknickt sind und nicht mehr sinnvoll abdichten.
Noch ein Wort zur Montage der Stoßstange:
Wenn eine AHK verbaut ist, sind die Abstandshülsen zwingend nötig.
Dann hoffe ich mal, dem einen oder anderen mit dem Bericht zu helfen.
Feedback / Kritik und Verbesserungen erwünscht
Netten Gruß Manni